Die „Feinde des Internets 2012“

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Zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März veröffentlicht Reporter ohne Grenzen (ROG) den aktuellen Bericht über die „Feinde des Internets“. Er beschreibt Staaten mit massiver Online-Überwachung und dokumentiert deren Kontroll- und Zensurmaßnahmen. ROG zählt zwölf Länder zu den Feinden des Internets, 14 weitere stehen „unter Beobachtung“.

internetfeinde-2012.pngVor allem die Umbrüche in den arabischen Ländern haben gezeigt, wie wichtig das Internet im Kampf gegen autoritäre Regime ist. Kritische Blogger mobilisierten über soziale Netzwerke zum Widerstand, Bürgerjournalisten füllten Lücken der Berichterstattung, wo konventionelle Medien zensiert und ausländische Reporter nicht zugelassen wurden. Viele Regierungen reagierten darauf mit verschärfter Online-Überwachung und versuchten, kritische Journalisten und Internetnutzer zum Schweigen zu bringen. Rund 120 Blogger und Online-Aktivisten sind derzeit weltweit in Haft, vor allem in China, Iran und Vietnam. 

 

Die „Feinde des Internets“ 2012

Folgende zwölf Staaten zählt Reporter ohne Grenzen zu den Feinden des Internets: Bahrein, Belarus, Birma, China, Kuba, Iran, Nordkorea, Saudi Arabien, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam. Online-Inhalte werden in diesen Ländern stark gefiltert, kritische Blogger und Online-Journalisten ausfindig gemacht und unter Druck gesetzt. Die Liste der „Feinde des Internets“ ist im Vergleich zum Vorjahr weitgehend gleich geblieben. Neu hinzugekommen sind in Bahrein und Belarus. Dort hat sich die Lage stark verschlechtert.

Vor allem Iran und China haben die Internet-Überwachung im vergangenen Jahr deutlich verstärkt. In China übt das Regime massiven Druck auf private Internetfirmen aus, damit diese sie bei der Zensur unterstützen. Iran hat ein eigenes „nationales Internet“ angekündigt.

Sowohl im Iran als auch in Vietnam wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Online-Aktivisten festgenommen. Im Iran sitzen derzeit 20, in Vietnam 18 von ihnen im Gefängnis. Der Iran unterstützt auch das Regime in Syrien, das Berichte über die Niederschlagung der Opposition unterdrückt, bei der Kontrolle des Internets. In Turkmenistan hat die Staatsspitze den Informationskrieg 2.0 vorerst gewonnen. Nordkorea hingegen kämpft damit, dass immer wieder Kommunikationstechnik über die chinesische Grenze geschmuggelt wird. In Kuba tragen Regierungsanhänger und Oppositionelle ihre Auseinandersetzungen vor allem im Internet aus. Saudi Arabien setzt derweil seine rigorose Online-Zensur fort. In Usbekistan setzten die Behörden alles daran, Diskussionen über die arabischen Revolutionen auf den Seiten von Uznet zu unterbinden. Bahrein wurde im vergangenen Jahr nahezu vollständig von der internationalen Berichterstattung abgeschnitten: Ausländische Journalisten kamen nicht ins Land, Blogger wurden verhaftet. Auch in Belarus hat Präsident Alexander Lukaschenko die Onlineüberwachung verstärkt, während sich das Land immer weiter politisch isoliert.

Es gibt allerdings auch Zeichen der Hoffnung: In Birma hat das Militär Journalisten und Blogger freigelassen und gesperrte Webseiten freigegeben. Gesetze zur Internet-Überwachung sind jedoch nach wie vor in Kraft und die technischen Möglichkeiten zur Kontrolle weiterhin gegeben. ROG wird beobachten, ob Birma die begonnenen Reformen fortsetzt. Dies könnte dazu führen, dass das Land bald nicht mehr zu den „Feinden des Internets“ gehört.

 

Bewegung in der Liste der „Länder unter Beobachtung“

Vierzehn Staaten stellt ROG im aktuellen Bericht „unter Beobachtung“. Dazu gehören Australien, Ägypten, Eritrea, Frankreich, Indien, Kasachstan, Malaysia, Russland, Südkorea, Sri Lanka, Thailand, Tunesien, Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Neu hinzugekommen sind in diesem Jahr Indien und Kasachstan. In Indien hat die Regierung die Onlineüberwachung seit den Bombenanschlägen in Mumbai 2008 verschärft. Das kasachische Regime überwacht das Internet seit gewalttätigen Zusammenstößen bei Ölarbeiterstreiks im Südwesten des Landes besonders stark. 

Venezuela und Libyen hingegen stehen nicht länger auf der Liste der „Länder unter Beobachtung“. In Libyen ging mit dem Sturz Muammar al-Gaddafis eine Ära der Zensur zu Ende. Ein Gesetz von 2011 in Venezuela, das eine Gefahr für Internetfreiheit darstellen könnte, hat in der Praxis bisher kaum negative Folgen gehabt. Der Zugang zum Internet ist weitgehend frei. 

Thailand läuft Gefahr, bald zu den „Feinden des Internets“ zu gehören, sollte es weiterhin massiv Online-Inhalte filtern und Netzaktivisten wegen Beleidigung der Obrigkeit verhaften.

(Pressemeldung Reporter ohne Grenzen)


 

 

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1 Kommentar

Ehrlich gesagt, war ich von Beginn an ein Feind des Internets. Meine Kritik wurde jedoch stets überhört, abgelehnt mit dem Verdacht der Ketzerei.

Das Netz ist nach dem Mauerfall aus dem Boden gestampft worden. Es war und ist ein militärisches Projekt. Was man im Besonderen am Drohnenkrieg, im Allgemeinen an der Verschmelzung von Zivil und Militär erkennen kann.

Man frage sich doch mal, was genau besser geworden ist seit der Einrichtung des Netzes? Messer können bekanntlich zum Brotschmieren benutzt und als Waffe mißbraucht werden. Der Überwachungsstaat ist zweifellos besser geworden, die Propaganda-Empfänglichkeit, das Mobbing, welches darin fruchtet, daß ganze Staaten in den Bankrott gejagt werden können.

Cyberangriffe verursachen jedes Jahr einen Schaden von 1000 Milliarden Dollar (US:Billions). Jeder Bundesbürger ist statistisch im Netz schon mal betrogen worden. Das Netz hat unglaubliche Kriminalitätsfelder geschaffen und man kann gar nicht mehr sagen, wer Räuber, wer Staat ist, beide sind verschmolzen. Erpressung, Einschüchterung - für mich sieht Freiheit anders aus. Das Netz ist genau das Gegenteil. Es macht meine grundgesetzlich geschützte Freiheit kaputt!

Low Tech-Staaten sind High Tech-Staaten übrigens überlegen.

Das Netz ist nur was für Strolche und solche, die es werden wollen. Es untergräbt das Rechtsbewußtsein und schafft genau das, was Milgram im Experiment nachgewiesen hat.

Aber ich sehe auch Hoffnung, denn die Regierungen kommen mit dem Netz selber unter die Räder. Sie ziehen mit ihren Maßnahmen genau an dem Strick, an dem sie selber hängen. Siehe auch NSA und Abhörskandal.

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