März 2011 Archive

+++ Update: Hier ist der Bericht +++

Für den morgigen 12. März 2011 rufen die Reporter ohne Grenzen (RoG) zum dritten Welttag gegen Internetzensur auf.

welttag-internetzensur.gifEs soll neben anderen Aktionen vor allem ein Bericht veröffentlicht werden, der unter dem Titel Feinde des Internets auf Staaten hinweist, in denen die Pressefreiheit massiv verletzt und das Internet in nicht hinnehmbahrer Weise reglementiert wird. Die internationale Kampagnen-Seite findet sich unter http://march12.rsf.org/

Erstmals steht ein Land der EU auf der Beobachtungsliste: Frankreich hat es wegen des Gesetzespaketes „Loppsi 2“ geschafft, das unter anderem Internetsperren vorsieht.    

Gerade die jüngsten Ereignisse in den arabischen Staaten haben gezeigt, wie wichtig der freie Zugang zum Internet ist. Offene Berichterstattung und Meinungsäusserung sind grundlegende Voraussetzungen für die Schaffung demokratischer und partizipativer Strukturen.

Die Abschaltung der gesamten Netzinfrastruktur in Ägypten wurde weltweit mit grosser Empörung aufgenommen – und doch arbeiten viele Nationen seit langem an der Errichtung von Kontroll- und Zensurarchitekturen. Auch das Verhalten gegenüber Wikileaks offenbart die Messung mit zweierlei Maß: Wären die Dokumente nicht überwiegend US-amerikanischen Ursprungs gewesen, hätten die Aktivisten vermutlich Ehrenauszeichnungen erhalten.
Ein Aktionstag wie dieser ist auch deshalb notwendig: Um gezielt auf solche Widersprüche hinzuweisen.

RoG will ausdrücklich auch auf die Lage von Bloggern und Internet-Aktivisten aufmerksam machen. Zur Zeit sind weltweit etwa 120 von ihnen in Haft - nur, weil sie öffentlich ihre Meinung gesagt haben.

Daher zeichnet RoG am Vorabend des Aktionstages einen Blogger, Online-Journalisten oder Cyber-Aktivisten für sein/ihr Engagement mit dem „Netizen-Preis“ auszeichnen. Dabei soll darauf hingewiesen werden, daß in vielen Ländern Bloggen oder der Einsatz für ganz gewöhnliche Grundrechte mit Lebensgefahr verbunden ist. In diesem Jahr geht die Auszeichnung an das tunesische Blog "Nawaat" (http://nawaat.org)

 

Vor mehr als vier Monaten war die Anhörung im Rechtsausschuss zu den drei Aufhebungsgesetzen zum ZugErschwG. Getan hat sich seitdem: nichts!

Politiker, insbesondere aus Reihen der CDU/CSU, fordern immer noch und immer wieder die Internetsperren (obwohl ihnen deren Unsinnigkeit oft genug erklärt wurde). Das Zugangserschwerungsgesetz soll momentan ausgesetzt sein (das BMI weigert sich aber, hierzu nähere Informationen herauszugeben). Die Juristen im AK Zensur haben Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz erhoben und wir sind sehr zuversichtlich, dass das ZugErschwG die Prüfung durch das BVerfG wegen der in diesem Gesetz vorhandenen Grundrechtsverstöße und Fehler im Gesetzgebungsverfahren nicht überstehen wird. Aus den Niederlanden kam vor kurzem die Nachricht, dass die dortigen Provider nicht weiter freiwillig sperren werden, weil es nicht mehr allzuviele zu sperrende Seiten gäbe. In Brüssel werden von Freiwilligen, denen wir auch dafür sehr sehr dankbar sein müssen, viele Hintergrundgespräche geführt, um das politische Vorhaben in sinnvolle Bahnen zu lenken.

Wir sind nach meiner Auffassung auf einem guten Weg, wobei sich aber eine Frage, die Kernfrage, stellt: Wie kann und soll es weitergehen?

 

Olaf „blue“ Boos, einer der Mitgründer des AK Zensur, ist in der vergangenen Woche verstorben.

Olaf setzte sich mit großem Engagement und seinem besonderen Organisationstalent für eine moderne Netzpolitik ohne Zensur ein. Schon früh hat er sich gegen Internet-Sperren engagiert, so 1996 in einem Brief an den Generalbundesanwalt.[1] Er war unter anderem im Fitug e.V. und wesentlich am Aufbau und der Organisation des Arbeitskreises gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) beteiligt. 

Seine besonnene, faire und freundliche Art und seine besondere Fähigkeit zum Ausgleich werden uns fehlen. Er ist viel zu früh von uns gegangen und hinterlässt eine große Lücke. Wir werden immer gerne an ihn zurückdenken und sind in Gedanken bei den Angehörigen.

 

Danke, blue. Mach's gut!

 

[1] http://www.tarigon.de/tpages/karlsruhe.html