Die Wahl in NRW und der JMStV

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Am Sonntag ist in Nordrhein-Westfalen Landtagswahl. Aus netzpolitischer Sicht ist dabei die spannendste Frage, wie sich die Parteien beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) positionieren. Und da sieht es insgesamt schwach aus: nur eine einzige Partei hat sich in ihrem Wahlprogramm überhaupt dazu geäußert.

Daher haben wir in der Nacht zum Freitag kurzfristig einen kleinen Fragenkatalog zum JMStV an die Parteien und Landtagsfraktionen geschickt. Die Antworten werden wir hier veröffentlichen gibt es hier.

Insgesamt halten sich die Parteien sehr zurück, was konkrete Aussagen zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag anbelangt. Die konkrete Aussage, die Novellierung des JMStV ohne grundlegenden Neuanfang abzulehnen findet sich in keinem Wahlprogramm. Noch nicht mal bei den Piraten: in deren Wahlprogramm findet sich kein einziges Wort zum JMStV. Nichts!

Die einzige Partei, die das Thema im Wahlprogramm anspricht, ist die SPD:

Im Rahmen der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) muss das berechtigte Ziel des Jugendschutzes in einen Einklang mit den Sorgen der Anbieter und Nutzer gebracht werden, die insbesondere frühere Entwürfe als realitätsfremd ansahen. Die NRWSPD wird sich aktiv an der Weiterentwicklung des JMStV beteiligen um einen Ausgleich zwischen allen Interessensgruppen zu erreichen. Hierbei ist es selbstverständlich – und bedarf keiner gesonderten Regelungen – dass die freie und unzensierte Struktur des Internets nicht beeinträchtigt werden darf und für verbotene Inhalte das Gebot „Löschen statt Sperren“ gilt.

Das kann man zwar so deuten, dass die SPD den JMStV in der derzeitigen Fassung ablehnen könnte – da aber viele Parteien starke Bedenken haben und dennoch eine Zustimmung in Aussicht stellen, ist da noch eine Hintertür offen. Eine eindeutige Aussage noch vor der Wahl wäre sicherlich für viele netzaffine Wähler hilfreich.

Das Problem für alle Parteien ist, dass bei Staatsverträgen die Landesparlamente üblicherweise nur als Abnicker-Gremium gelten und kaum Mitspracherecht haben. Das regt alle auf, aber keiner macht etwas dagegen. Daher würde sich hier die Gelegenheit bieten, dieses wenig transparente und undemokratische Verfahren grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. 

 

Hier zur Übersicht die Wahlprogramme der Parteien in NRW:

 

Erste Reaktionen auf die Anfrage gab es schon:

  • Eine Mitarbeiterin des medienpolitischen Sprechers der CDU hat angerufen und mitgeteilt, dass sie eine vollständige Beantwortung in der kurzen Zeit nicht schaffen – aber eventuell einen Teil beantworten.
  • Der zuständige Landtagsabgeordnete der SPD antwortete per Mail, dass er alle Fragen beantworten wird, dies aber aus zeitlichen Gründen vor der Wahl nicht mehr schafft. Ich bat ihn wenigstens die Frage zu beantworten, ob die SPD gegen den JMStV stimmen wird.
  • Von den Grünen kam eine ähnliche Antwort, und der Verweis auf ihre „3 Tage Wach“ Aktion. Dort hatte ich die wichtige Frage auch schon gestellt, aber nur eine allgemeine Antwort bekommen. Werde da aber nochmal nachhaken.

 

nrw--fragen-zum-jmstv.pdf

 

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Parteien in NRW zum JMStV und netzpolitische Positionen zur Wahl von Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) zu 9.05.10 2:02

In der Nacht zum Freitag habe ich – ja, reichlich spät – den wichtigsten Parteien in NRW ein paar Fragen zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geschickt. Schließlich ist dort am Sonntag Wahl. Im Folgenden die Antworten und eine kurze Einschätzung.... Mehr

11 Kommentare

Das ist ja ein starkes Stück, dass die PIRATEN dazu keine Aussage machen.

Allerdings kann man bei den PIRATEN wohl als einzigste Partei davon ausgehen, dass die den JMStV insgesamt in seiner jetzigen Form ablehnen und das Konzept dieser Form von "Jugendschutz" generell in Frage stellen. Das haben sie ja in den Medien, auf Demos und in etlichen Pressemeldungen deutlich zum Ausdruck gebracht.

Die halbgare Pseudo-Kritik der SPD dagegen ist unglaubwürdig. Schließlich ist sie und insbesondere SPD-Mann Kurt Beck, der das ganze Unterfangen überhaupt angekurbelt und durchgewunken hat.

Die Piraten machen sehr wohl mobil gegen den JMStV: http://wiki.piratenpartei.de/JMStV#Mahnwachen_und_Demos_kurzfristig_veranstalten

Das dies aber nicht im NRW-Programm steht, ist wirklich ein fail.

Die Piraten NRW beziehen sehrwohl Stellung gegen den JMStV, allerdings leider etwas versteckt.
Zu finden in ihrem "Kompaktprogramm".
http://www.piratenpartei-nrw.de/microsite/
Unter "Medienpolitik" findet sich dort folgendes:

"Auf Landesebene setzen wir uns weiterhin gegen die Einführung von Internetsperren ein. Die aktuellen Änderungsvorschläge zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, die in eine ähnliche Richtung gehen, sind inakzeptabel."

Die NRW-Piraten haben den JMStV zum Wahlprogramm schlicht verschlafen!

Die Piraten sagen zum JMStV:

http://blog.wikimedia.de/wahlpruefsteine-antworten-nrw-2010/

"Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist in seinem aktuellen Entwurf ein völlig ungeeignetes Instrument. Er führt zu unkalkulierbaren rechtlichen Risiken für alle Anbieter von Online-Foren, sozialen Netzwerken, Blogs und ähnlichem. Staatsverträge sind in keinem Fall ein sinnvolles Instrument um Medienkompetenz zu erhöhen und um die Löschung von längst strafbaren Inhalten zu erreichen. Bereits heute gibt es wirksame Instrumente, um den Jugendschutz im Internet ohne zusätzliche Gesetze und Staatsverträge zu sichern. Beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag haben die verantwortlichen Landesregierungen aus CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und Linken ihre medienpolitische Inkompetenz bewiesen."

Sowas sollte man unbedingt freitags mittags vorm Wahlsonntag raushauen, immerhin waren je weder die Wahl noch der jmstv in den letzten Wochen vorhersehbar....

Steht im Wahlprogramm aber drin :)

Seite 32


Internetsperren
Die NRW-Piraten lehnen Internetsperren ab. Das vom Bundestag beschlossene Zugangserschwerungsgesetz ist bereits wegen fehlender Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes formell verfassungswidrig. Daher muss damit
gerechnet werden, dass nach einem entsprechenden
Spruch des bereits angerufenen Bundesverfassungsgerichts ein Rundfunkstaatsvertrag
auf Länderebene angestrebt werden wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Zugangserschwerungsgesetz nicht auf Länderebene eingeführt wird.

Hier nochmal die Wikiseite mit entsprechenden Flyern :)
http://wiki.piratenpartei.de/Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
Und die zugehörige Pressemitteilung mit Verweise auf Sendezeiten
http://web.piratenpartei.de/Pressemitteilung-100222-Lass-dir-das-Internet-nicht-wegnehmen--Mahnwachen-gegen-den-Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

Äusserungen zu den Rundfunkräten und Einfluss der Partei ist auch drin. Ich verweise da mal auf eine Pressemitteilung.
http://www.piratenpartei-nrw.de/portal/presse/rundfunkr%C3%A4te-parteien-raus-ccc-rein-%E2%80%93-piratenpartei-fordert-sitz-f%C3%BCr-chaos-computer-club-den-

Aber so leid es mir tut.. ich glaube nicht, dass die Piraten Einfluss drauf nehmen können :) Zumindest nicht als Teil der Regierugng :b

Das ist eine ziemlich naive Aktion, am 7. Mai eine Abfrage zu starten, wenn am 9. Mai Wahl ist. Offensichtlich wisst ihr nicht, was in den letzten 48 Stunden des Wahlkapfs so läuft. Vielleicht macht ihr das beim nächsten Mal etwas professioneller.

Im Wahlprogramm der Piraten steht kein Wort zum JMStV. Auch das Zitat von oben bezieht sich nicht auf den JMStV. Den haben die NRW-Piraten schlicht verschlafen.

Erst nach Verabschiedung des Wahlprogramms gab es zusätzliche Äußerungen.

Und wiedermal die alte Leier,das Volk will nicht wach werden oder warum haben die CDU und die SPD noch so viele stimmen bekommen?

Weil diese Parteien vielleicht weitgehend die Interessen des Volkes vertreten?

Wer hätte denn Deiner Ansicht nach die Mehrheit verdient? Die Piraten? Oder die Linken? Oder gar die NPD?

Nee, lass mal!

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