Die Sorgen der Netznutzer.

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Ein Kommentar zur Pressemitteilung des Herrn Dr. Thomas Feist zur Anhörung des Petitionsausschusses zum Für und Wider von Internetsperren.

Es ist schön, dass die CDU/CSU-Fraktion der Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie eine herausragende Bedeutung zuspricht. Weniger schön ist es, dass sie der Petentin Franziska Heine und auch uns dieses Anliegen abspricht. Mehr noch, es ist unverantwortlich, unsere Sorge um Kinder, Rechtsstaatlichkeit und die Freizügigkeit der Netznutzer gegeneinander ausspielen zu wollen. Denn die Forderung nach der Löschung der Inhalte kommt aus dem Netz, gerade auch vom CCC und von uns.

Die Politik war nicht nur unfähig dazu, sie hat sich sogar mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Wenn wir darauf hinweisen, dass technische Sperren ungeeignet sind das Problem zu lösen, dann geschieht dies gerade auch im Sinn der Opfer.
Unverantwortlich ist es auch, ein Gesetz, dessen Mängel unbestritten feststehen, bestehen zu lassen. Zum einen ist es unvereinbar mit der Demokratie, ein beschlossenes Gesetz in Teilen nicht anzuwenden. Ein Gesetz, das nicht nutzt, gar schädlich ist, muss abgeschafft werden. Insbesondere dann, wenn hundertdreißigausendfach noch in der Entstehungsphase auf die Mängel hingewiesen wurde. Zum anderen ist es naiv anzunehmen, das Problem alleine mit Löschungen von illegalen Inhalten lösen zu können. Der Unterschied zwischen einer notwendigen und einer hinreichenden Bedingung scheint weder der Regierung, noch der Opposition klar zu sein.

Das Löschen der Inhalte ist notwendig, um Opfer nicht noch durch Zurschaustellung der Bilder erneut zu missbrauchen. Doch damit wird die Tat hinter jedem einzelnen Bild weder verhindert noch "gesühnt". Wenn die Strafverfolgung ausbleibt, dann ist das eine Verhöhnung der Opfer. Dann wird weiterer Missbrauch zugelassen. Dabei sind Aktionen, die zum Löschen führen, genau die Maßnahmen, die eine Strafverfolgung ermöglichen. In der "Nichtanwendungsanweisung" an das BKA steht davon nichts. Von der Politik höre ich davon nichts.

Es reicht nicht aus, keine Sperrlisten zu führen. Es reicht nicht aus, Inhalte zu löschen. Und es reicht nicht, so wie Herr Dr. Feist das annimmt, kinderpornografische Angebote in Kommunikationsnetzen zu bekämpfen. Neben internationaler polizeilicher Arbeit nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ist viel mehr echter und verantwortlicher Jugendschutz notwendig. Dazu ist eine gesellschaftliche Diskussion notwendig. Die findet aber, trotz des schlimmsten Falls, wo Priester Schutzbefohlene missbrauchen, nicht statt. Selbst dort, wo es überdeutlich wird, ignorieren wir, dass diese Dinge direkt vor unserer Haustür geschehen. Statt dessen verweisen wir auf das Internet und auf die angebliche Unmöglichkeit der Strafverfolgung im Ausland, ganz als hätten wir hier das einzige Land mit einer wirksamen Rechtssprechung. In dieser Situation bemängelt die Politik immer noch den angeblich rechtsfreien Raum im Internet, unternimmt aber gar nichts, um der wirklichen Problematik Herr zu werden. So ist beispielsweise die verantwortliche Abteilung des BKA immer noch in der Situation, wie vor dem Gesetz.

Weil die Strategie der Sperren nun offensichtlich auf Widerstand gestoßen ist, versuchen wir es mit dem Jugendschutz in gleicher Manier. Ein JMStV, der sich ausschließlich um die Belange der Zensurbehörden der freiwilligen Selbstkontrolle und Medienanstalten kümmert, dabei aber jede Aussage zu den Ursachen und Schäden an Jugendlichen und Erwachsenen vermeidet, die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen nicht überprüft, der kann nur als Farce bezeichnet werden. Die Einschränkung des Grundgesetzes in der Meinungsfreiheit zu Gunsten des Jugendschutzes drohen hier missbraucht zu werden.

Liebe Leute, eine Sendezeitbeschränkung im Internet ist, abgesehen von der Absurdität der Idee in einer globalisierten Welt, vollkommen irrelevant, wenn 12-Jährige Pornoabende zuhause veranstalten. Bestenfalls kann der JMStV als Versuch gewertet werden, die Hände in Unschuld zu waschen. Und dies ist nur ein unmöglicher Punkt im Entwurf des Staatsvertrags.

Der JMStV definiert illegale Inhalte viel weitergehend, als es das Zugangssperrgesetz tat. Er fordert und legalisiert Sperren von weitaus „schwächeren“ Inhalten. Wir haben mit dem Zugangserschwerungsgesetz gerade nachgewiesen, das dieser Versuch kontraproduktiv ist. Der JMStV ist also die schlimme Reinkarnation des gerade abzuschaffenden Gesetzes. Hat denn niemand etwas gelernt?

Die dafür Verantwortlichen wagen es, uns Menschen Filter vor die Nase zu setzen, und wünschen die Kontrolle der Nutzer des Internet, gerade zu als seien wir alle Mitglieder einer terroristischen Vereinigung und vollständig verdorben. Die Verantwortlichen verstoßen damit nicht nur gegen Rezipientenfreiheit, hebeln Meinungsfreiheit aus, nein, sie begründen das auch noch mit Jugendschutz. Ein Jugendschutz, der darauf setzt, Menschen durch technische Maßnahmen, letztlich durch das Wirken von Maschinen erziehen zu lassen, ist absolut inakzeptabel. In meinen Augen sind das Kennzeichen von Ohnmacht, Inkompetenz und Ignoranz.

Ich mag ja naiv sein, doch für mich fängt Jugendschutz dort an, wo die Jugendlichen prekären Verhältnissen leben. Für mich ist er dort notwendig, wo Bildungseinrichtungen versagen oder erfolgreiche Bildung vom Einkommen der Eltern abhängt. Für mich beginnt er dort, wo wir Jugendliche ernst nehmen, aufklären, ihnen gesellschaftliche und mediale Kompetenz vermitteln. Doch die Schulen bekommen manchmal nicht einmal einen vernünftigen Sexualkundeunterricht hin und Medienkompetenz ist ein Fremdwort. Für mich existiert der Jugendschutz dort, wo Fachleute unter bezahlte oder gar ehrenamtliche Arbeit für Jugendliche leisten, deren Einsatz dann mit Stellenstreichungen belohnt wird.

Man mag meiner Meinung sein oder nicht. Doch ganz sicher stellt sich uns die Frage, wohin sich diese Gesellschaft entwickeln wird, wenn wir fahrlässig und interessengeleitet mit allen Dingen, die Jugendliche angehen, umgehen. Diese Frage muss sich Dr. Feist gefallen lassen. Vielleicht sollte er mal mit uns chatten.

Joachim Bellé

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Die Sorgen der Netznutzer von Mein Politikblog zu 26.02.10 15:47

Von Joachim Bellé | AK Zensur | – Ein Kommentar zur Pressemitteilung des Herrn Dr. Thomas Feist zur Anhörung des Petitionsausschusses zum Für und Wider von Internetsperren. Es ist schön, dass die CDU/CSU-Fraktion der Bekämpfung von Kindesmissbrau... Mehr

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3 Kommentare

Etwas ähnliches habe ich auch in unserem Familien Blog bereits geschrieben, ich kann deine Aussagen daher nur voll unterstützen.

Jugendschutz beginnt immer im Elternhaus.

BEIFALL, rauschend

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