AK Zensur fordert: Täter verfolgen statt Grundrechte beugen

| 0 Kommentare | 0 TrackBacks

Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Internet-Sperren.

Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) erklärt zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Internet-Sperren:

Der Bundesregierung geht es bei dem Gesetzentwurf zu den geplanten Internetsperren nicht um die effektive Bekämpfung der Kinderpornographie. Sie betreibt Wahlkampf auf Kosten missbrauchter Kinder, schützt die Täter, vernachlässigt die Strafverfolgung und initiiert eine grundgesetzwidrige Internet-Zensur-Infrastruktur unter Kontrolle des BKA. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auf der Sperrliste auch weitere missliebige Internet-Inhalte stehen.

Der Gesetzenwurf sieht auch eine Sperrung von Webseiten aus Deutschland und anderen europäischen Ländern vor. Auch auf den bekannten Sperrlisten in Skandinavien stehen Webseiten aus Deutschland. Diese sind der Bundesregierung und dem BKA seit Monaten bekannt. Es wäre problemlos möglich, die Server abzuschalten und die Inhalte aus dem Netz zu entfernen, statt sie nur mit einer relativ leicht umgehbaren Sperre zu belegen. Warum wurden die Server bisher nicht abgeschaltet, warum wird die Strafverfolgung unterlassen?

Die Begründung des Gesetzesentwurfs geht von falschen Voraussetzungen aus:



Die neuen Sperr-Regelungen werden im Telemediengesetz hinzugefügt und nicht in einem eigenen Gesetz behandelt. So können sie leicht auf weitere Inhalte ausgedehnt werden. Die geheime Sperrliste des BKA unterliegt keiner rechtsstaatlichen Kontrolle - die Gewaltenteilung scheint aufgehoben: das BKA wird zu Ermittler, Ankläger und Richter in einem. Es wird zu einer unkontrollierbaren Zensur-Behörde. Entgegen der Ankündigung von vergangenem Freitag sollen Daten von Nutzern, die auf die Stopp-Seiten gelangen, gespeichert werden. Dies ist nicht nur datenschutzrechtlich bedenklich, sondern bietet Kriminellen auch ganz neue Möglichkeiten, um Unschuldige in den Verdacht des Konsums kinderpornographischer Darstellungen zu bringen.

Die Bundesregierung will Kindesmissbrauch ausblenden anstatt ganz aus dem Internet zu nehmen. Der AK Zensur fordert hingegen die Täter mit den bestehenden Rechtsmitteln zu verfolgen, die auch in der überwiegenden Mehrheit der Quelländer vorhanden sind. So bekämpft man das Übel nachhaltig an der Wurzel und kann auf eine grundrechtswidrige Placebo-Lösung verzichten.

 

Anmerkungen:

[1]:

Das LKA München erklärt, dass bei der Verbreitung von Kinderpornographie Geld kaum je eine Rolle spielt. Es gebe organisierte Strukturen, aber selten: "Die überwältigende Mehrzahl der Feststellungen, die wir machen, sind kostenlose Tauschringe, oder Ringe, bei denen man gegen ein relativ geringes Entgelt Mitglied wird, wo also nicht das kommerzielle Gewinnstreben im Vordergrund steht. Von einer Kinderpornoindustrie zu sprechen, wäre insofern für die Masse der Feststellungen nicht richtig."
Zitiert nach: Rebecca Casati: Mittan am Rand; in: Süddeutsche Zeitung vom 18. April 2009;
Online verfügbar unter http://www.sueddeutsche.de/panorama/813/465404/text/

 

Keine TrackBacks

TrackBack-URL: https://ak-zensur.de/mt/mt-tb.cgi/366

Jetzt kommentieren

Pressemeldungen

Und sie halten sich nicht an die eigenen Empfehlungen
Nachdem die Ministerpräsidenten der Länder ende letzten Jahres den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag abgesegnet haben, sind nun die Parlamente an der Reihe,…
Jugendschutz im Internet: Zurück in die Vergangenheit
Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur warnt vor der geplanten Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages (JMStV).  Die Bundesländer beabsichtigen die Regeln zum…
Geheimverhandlungen à la ACTA
Bundeswirtschaftsministerium verhandelt Warnhinweismodell unter Ausschluss der Öffentlichkeit Berlin, 13.03. Am kommenden Donnerstag verhandeln das Bundeswirtschaftsministerium,  Vertreter der Inhalte-Industrie und Internetanbieter…
AK Zensur: Verbot von Internet-Sperren in der Verfassung verankern
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat mehrere Verbände eingeladen, den Referentenentwurf zum Netzsperren-Aufhebungsgesetz zu kommentieren – darunter auch uns. In…
Aktuelle Sperrverfügungen in NRW
Zu den heute bekannt gewordenen Fällen neuer Sperrungsverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf, die auf die Blockade der Websites "bwin.com" und "tipp24.com"…
Arbeitskreis gegen Internetsperren und Chaos Computer Club warnen vor dem Einschleppen von Netzsperren durch neuen Glücksspielstaatsvertrag
Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) und der Chaos Computer Club (CCC) warnen vor dem neuen Glücksspielstaatsvertrag, der…
Erfolg der Vernunft: Gesetz zu Internet-Sperren wird aufgehoben
Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) begrüßt die am Dienstag Abend bekannt gewordenen Pläne des Koalitionsausschusses von CDU/CSU…
Der AK Zensur hat gestern Verfassungsbeschwerde gegen das Internet-Sperr-Gesetz („Zugangserschwerungsgesetz“) eingelegt
Vor einem Jahr ist das Zugangserschwerungsgesetz in Kraft getreten. Das Gesetz verpflichtet Internet-Zugangs-Anbieter dazu, Websites mit kinderpornographischen Inhalten, die auf…
Europäisches Parlament stellt die Weichen gegen verpflichtende Netzsperren in der EU
Straßburg. Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hat am Montagabend über den Kompromissvorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates…
Scheitern des JMStV ist ein Sieg der Vernunft
Zum Scheitern der Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages durch die Landtage von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen Stellungnahmen von einigen Mitgliedern und Unterstützern des…