Dänische Polizei: USA dulden „Kinderpornografie“

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Heute findet im Rechtsausschuss des Bundestages eine Anhörung zum Zugangserschwerungsgesetz statt. Neben einigen Juristen – unter anderem Dominik Boecker vom AK Zensur – ist auch der dänische Polizist Lars Underbjerg geladen. 

Und bei dem, was er so in seiner Stellungnahme schreibt, verschlägt es einem die Sprache. Da heißt es zu Teilen der Sperrliste:

Den USA 126 Domains und Russland 10 Domains zu melden, damit sie vom Netz genommen werden, hätte wenig Sinn, denn dies hat in diesen Ländern eine sehr geringe oder gar keine Priorität.

Den USA wäre es also egal, wenn Webseiten Bilder verbreiten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen („Kinderpornografie“)? Glaubt er das wirklich? Das widerspricht übrigens auch Meldungen, dass die Zusammenarbeit insbesondere mit Russland vorbildlich läuft.

Auch aus der Praxis kann ich das Gegenteil bestätigen: Im September habe ich es geschafft, zwei Webseiten abzuschalten, die in Dänemark seit 2008 blockiert waren. Bei einer dritten dauerte es drei Stunden. Im Oktober habe ich ein einem weiteren (bisher nicht dokumentiertem) Fall einen Online-Shop, der Filme angeboten hat, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen („Kinderpornografie“), innerhalb von fünf Stunden nach Meldung abschalten lassen. Da muss man sich schon fragen, welchen Beitrag die leicht umgehbaren Sperren in Dänemark zum Kinder- und Opferschutz leisten, wenn die Inhalte teilweise seit Jahren auf Sperrlisten stehen, aber weiterhin weltweit erreichbar im Netz bleiben. In der freien Wirtschaft würde man bei einer solchen „Erfolgsbilanz“ Lars Underbjerg fristlos kündigen …

Allgemein schreibt Underbjerg:

Für viele Länder stellt dies keine Priorität dar oder es gibt eine mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit seitens der beteiligten Internet-Provider. 

Und er beschreibt eine „Liste der schlimmsten Fälle“ bei Interpol, auf der nur Webseiten erscheinen, die den Missbrauch von unter 13jährigen gezeigt werde:

Die Liste „der schlimmsten Fälle“ wird von einem speziell dafür abgestellten Beamten bei Interpol geführt und fast täglich aktualisiert.

[…]

Was die 168 Domains betrifft, die ich aufrufen konnte, so waren ihre Standorte (nach Ländern) folgende:

CA 4, CN 5, CZ 2, DE 1, GB 5, JP 2, KR 4, NL 5, RU 10, SE 2, US 126

Er sagt also, es gebe mindestens einen „schlimmen“ Fall in Deutschland, aber etwas dagegen zu unternehmen sei sinnlos, man packe es lieber auf eine Sperrliste? Ich frage mich allen ernstes, in welcher Welt er lebt, dass er glaubt, Provider in Deutschland oder den USA würden die Verbreitung von Kindesmissbrauchsdarstellungen dulden. Auf der dänischen Sperrliste sind heute, 10:37 Uhr, mindestens elf Domains, die in Deutschland gehostet werden. Auch alle alten bereits beschriebenen Domains stehen noch drauf. 

 

Underbjerg schreibt weiter:

Diese Domains zu filtern hätte hingegen den Effekt, dass dänische Endverbraucher dem kinderpornographischen Material, das von diesen Domains verbreitet wird, nicht ausgesetzt wären. Von einem strafrechtlichen Standpunkt wäre das positiv und würde der präventiven Polizeiarbeit im Internet dienen.

Abgesehen davon, dass alleine schon die Vorstellung, jemand sei dem Material „ausgesetzt“ falsch ist und die Sperren trivial zu umgehen sind: Die Inhalte effektiv zu entfernen hätte zur Folge, dass niemand weltweit darauf zugreifen kann.

 

Ach, übrigens: die beiden in meiner Stellungnahme für den Unterausschuss Neue Medien beschriebenen Domains sind in Dänemark heute immer noch als „child pornography“ blockiert:

  • bimseregitim.com.tr
    Hierbei handelt es sich um die Webseite eines türkischen Schulungsunternehmens.
  • yourjokes.co.uk
    Eine Witze-Webseite aus Großbritannien, mit sexistischen Witzen.

 

Ich würde Underbjerg ja gerne ins Kreuzverhör nehmen und ihm u.a. die folgenden Fragen stellen (jeweils auch in Bezug auf Analyse und Stellungnahme):

  • Wieso werden in Dänemark Webseiten seit Jahren blockiert, wenn es innerhalb von 30 Minuten gelingt die abzuschalten?
  • Wie kommt es, dass viele Webseiten blockiert werden, die entweder schon lange gelöscht sind oder gar keine illegalen Inhalte enthalten (siehe oben)?
  • Wie kommt es, dass aktuell (mindestens) elf Webseiten aus Deutschland auf der Sperrliste stehen? 
  • Und die zentrale Frage insgesamt: Hatte die Sperre irgendeinen Effekt auf realen Kindesmissbrauch?

 

Weitere Informationen:

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5 Kommentare

@Alvar

[...]Im Oktober habe ich ein einem weiteren (bisher nicht dokumentiertem) Fall einen Online-Shop, der Filme angeboten hat, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen („Kinderpornografie“), innerhalb von fünf Stunden nach Meldung abschalten lassen.
[...]

Welche Art der Filme waren das, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Online-Shop gibt der Material vertreibt, von dem ich denke dass es unter den §184b StgB fallen sollte...

bombjack

Welche Altersgrenze zieht Dänemark denn zur Definition Kind heran?

Versuchen die nicht, alles "Unter-18", also auch Jugendpornographie zu löschen?

Nach dänischem Recht gelten obszöne Darstellungen von Personen unter 18 Jahren als Kinderpornografie. Darstellungen gelten schon dann als obszön, wenn die Geschlechtsteile in den Bildmittelpunkt gerückt sind. Nackheit ist dabei anscheinend nicht erforderlich. Das dänische Gesetz ist fast wörtlich mit dem Gesetz in den USA identisch.

Dem dänischen Recht geht es offensichtlich nicht vordringlich um den Schutz von Kindern, sondern missbraucht sie, um den Begriff der Obszönität wieder aus der Klamottenkiste herauszuholen. Der hat im Strafrecht eines Rechtsstaats nichts zu suchen.

Die Fahrtrichtung des Zuges ist klar: wenn schon Bilder von Jugendlichen kriminalisiert werden, dann muss man folgerichtig auch Sex mit und unter Jugendlichen kriminalisieren.

Nun, es war kein normaler Online-Shop, sondern eine Webseite mit Bestellmöglichkeit, auf der verschiedene Filme mit Preisen gelistet waren. Bei Interesse sollte man sich an eine E-Mail-Adresse wenden.

Und ja, es wurden Inhalte nach § 184b StGB versprochen. Eindeutig.

Ob nach Bezahlung diese Inhalte auch wirklich ausgeliefert werden – das ist mir nicht bekannt.

[...]Nun, es war kein normaler Online-Shop, sondern eine Webseite mit Bestellmöglichkeit, auf der verschiedene Filme mit Preisen gelistet waren. Bei Interesse sollte man sich an eine E-Mail-Adresse wenden.

Und ja, es wurden Inhalte nach § 184b StGB versprochen. Eindeutig.
[...]

Okay....Danke für die Klarstellung....wäre interessant zu wissen was da raus gekommen wäre....und inwiefern das eine Abzockseite ist um z.B. an Geld, Daten oder Kreditkartennummern ranzukommen und zugleich sicher zu sein, dass die Geprellten etwas mehr Probleme haben zu der Polente zu gehen....


bombjack

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