Gestern stellten wir die Frage, wie eine öffentlich geförderte Jugendseite mit Partizipationsmöglichkeit nach dem JMStV einzustufen sei. Die Auflösung ist dieses Mal besonders schwer: Unser Experte würde schweren Herzens eine JMStV-Kennzeichnung ab 16 Jahren aussprechen, wohl wissend, dass die Zielgruppe jünger ist. Details und Begründung dazu unten.
Heute stellen wir wieder ein öffentlich gefördertes Projekt vor: Passend zur ersten Bewertung ist nun der Beitrag Intimrasur: Was Jugendliche darüber denken und sagen dran.
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pro familia – sextra ist ein Beratungsangebot verschiedener pro familia Landesverbände. Mit Blick auf die Bewertung der de.talk.liebesakt Imtimrasur-FAQ, geben wir nun eine thematisch ähnliche Seite zur Bewertung frei: eine Seite darüber, was Jugendliche über Intimrasur denken. Der Text gibt sachlich die Meinung verschiedener Jugendlicher wieder, wie bei den anderen „Fachtexten“ erscheint auch hier bei jedem Seitenaufruf oben ein anderes Bild mit leicht sexuellem Kontext. Zudem gibt es natürlich Links zu weiteren Texten und anderen Rubriken.
Also: In welche Altersstufe müsste dieser Artikel nach den Kriterien des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags eingestuft werden? Frei für alle, ab 6, ab 12, ab 16 oder erst ab 18?
Begründung zur Einstufung der Netzcheckers
Nun aber zur Begründung für die Einstufung der Seite von gestern: Die Bewertung ist dieses Mal besonders schwer, weil es nicht um statische, sondern um veränderliche Inhalte geht. Es muss also mehr beachtet werden als das, was derzeit sichtbar ist. Unser Experte Jürgen Ertelt – selbst inhaltlich zuständig für die Webseite – hatte daher eine schwere Entscheidung zu treffen:
Heute wird es für mich besonders schwierig, eine auf die Notwendigkeiten des JMStV bezogene Bewertung zu begründen. Netzcheckers ist für mich nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern eine persönliche Herausforderung in einer nunmehr schon achtjährigen Auseinandersetzung mit dem finanzierenden BMFSFJ.
Auf netzcheckers.de können Jugendliche ihre Medienkompetenz stärken durch aktive, produzierende Teilhabe am social web. Begleitet von einem medienpädagogischen Redaktionsteam können sie Web 2.0-Möglichkeiten – vom Blog bis zum Beep-Chat – ausprobieren und für sich erschließen. Es wird nichts manuell freigeschaltet, alles ist direkt live. Jugendliche wählen selber ihre Sichtbarkeit im Netz, das Netzcheckers-Angebot watchyourweb.de qualifiziert dazu. Nur durch eigenes selbstverantwortliches Ausprobieren können Jugendliche das Potenzial des Netzes erfahren und für ihre Interessen nutzbar machen!
Das Jugendportal Netzcheckers (und seine gut 50 Ableger im netzcheckers.net) hat als engagiertes Webangebot für und mit Kindern ab zwölf Jahren mehrere Staatssekretäre und Ministerinnen (auch Frau von der Leyen) überstanden … und jetzt torpediert es ein neuer Jugendmedienschutzstaatsvertrag.
Meine unfreiwillige Bewertung: Das medienpädagogische Angebot netzcheckers.de wäre gezwungen, die Seite mit „ab 16 Jahren“ an seiner Zielgruppe vorbei zu kennzeichnen.
Begründung: Das Angebot steht nicht in einer ständigen Beobachtung, jedermann könnte sich anmelden und gefährdende Inhalte veröffentlichen. Im Gegensatz z.B. zum kommerziellen schuelerVZ.de kann sich das öffentlich geförderte Portal nicht der „selbstregulierenden“ FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia) anschließen. Es ist zwar angeboten, sich auch dem Regulierungs-Kodex der FSM zu unterwerfen, dies ist aber im vorliegenden Entwurf des JMStV nicht explizit als Option ausgewiesen. Tatsächlich könnten im Vergleich zu kommerziellen Angeboten von Netzcheckers (und ebenso von vielen privaten Anbietern) nicht die Ressourcen aufgebracht werden, um den gestellten Jugendschutz-Anforderungen gerecht zu werden. Es bliebe ein unverzeihlicher Rückschritt auf einen nachträglichen Freischalt-Modus oder die Einführung eines Melde-Buttons an jedem Inhalt mit 24-Stunden-Service.
Da netzcheckers.de dennoch eine hohe Erreichbarkeit des Betreibers gewährleistet, ist von einer „ab 18“-Kennzeichnung abzusehen. Ich persönlich werde mich weigern, ein „Labeln“ nach JMSTV bei Netzcheckers zu vollziehen. Der etablierte Wert dieser freiheitlichen Errungenschaft für medienpädagogisches Arbeiten im Internet darf nicht dem hilflosen Regulierungswahn verängstigter und mit den digitalen Entwicklungen überforderter Verwalter und Provinz-Politiker geopfert werden!
Jürgen @Ertelt http://tweed.me/
Dem ist nichts hinzuzufügen …
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Das ist ein Schlusswort!
Wobei ich an Stelle von "Verwaltern und Provinz-Politikern" ganz gerne das Wort "Internetausdrucker" gesehen hätte. Das bringt es immer wieder sehr deutlich auf den Punkt.
Grueße
Erik
Diese Pro Familia Webseite finde ich schon sehr bedenklich. Da wird an jeder Ecke der Sex verherrlicht, Analsex, Sex unter Kindern und so weiter. Oralsex zwischen 15-jährigen Jungs wird da als normal dargestellt, ich finde das geht zu weit!
Mein Fazit: ab 18.
Hallo,
Finde Eure Aktion klasse. Ich habe eine Seite vorzuschlagen, die ich aktiv nutze. www.ofdb.de ist eine riesige Filmdatenbank, ähnlich der IMDB nur auf Deutsch.
Gewachsen aus dem Bedürfnis Informationen zu bieten über verschiedene Schnittversionen von Filmen kann man sich dort über die Verfügbarkeit vieler indizierter und beschlagnahmter Filme schlau machen sowie Infos einholen ob eine jeweilige Filmfassung geschnitten wurde, oder nicht.
Die Seite versteht sich als usergenerierte Enzyklopädie des Films.
@Maik: Da wird Sex verherrlicht? Oh Gott. Das kann ja nicht sein. Wo Sex doch was Schlimmes ist.
Wo wird da Sex unter Kindern verherrlicht? Alles was ich finde sind recht sachliche von Pädagogen geschriebene Texte.
Sex soll schließlich sogar gesund sein. Überhaupt finde ich es verantwortungslos von den so genannten Jugendschützern, die Sicht heranwachsender auf die Reale Welt, wie sie nun einmal ist, zu beschneiden. Gerade beim Themenkomplex Sex. Natürlich will ich damit nicht sagen, dass Hardcorepornographie ins Kinderzimmer gehört - aber was solche Angebote wie de.talk.liebesakt Imtimrasur-FAQ oder die Seite von pro familia, bei denen es sich ja zweifelsfrei nicht um Pornographie handelt, sondern um Information. Dieses völlige ausblenden sexueller Themen hat doch nur zur Folge, dass Jugendliche nur noch eine sehr eingeschränkte Sexualaufklärung genießen, mit allen Folgen, wie man sie z.B. in der Familie Sarah Palins sehen kann. Der in der Schule stattfindende Teil der Aufklärung ist eben doch der kleinere Teil.
Die profamilia Seite müsste ein Zensursula Stoppschild bekommen, da von Kindern die Sex haben die Rede ist. Schliessen geht wohl nicht, da die Betreiber wohl in Moldova oder so einem dritte Welt Land sitzen. Unverantwortlich, dass niemand etwas unternimmt gegen diesen Verfall der guten Sitten.
Pro Familia hat nach eigenem Eingeständnis "sexualpädagogische" Gespräche und Mailkontakte mit "Jugendlichen" (nach neuer Definition sind das Kinder!) über deren Intimbereich. Dabei empfiehlt Pro Familia ihnen Suchbegriffe wie "B*dymodification". Das Kind Leo (16) redet darüber, was es untenrum "g*il" findet. Das Zitat ist eindeutig gefälscht, Kinder haben bekanntlich keine Sexualität, können also auch nichts "g*il" finden. Diese Seite sollte auch nicht für Erwachsene sichtbar sein, nein, gerade für Erwachsene sollte sie nicht sichtbar sein, weil sie Kinder als Sexualsubjekte darstellt. Die einzige Lösung: Stoppschild!
Weiter stellt sich die Frage, ob die Inhalte der Seite noch Grooming oder schon praktizierten sexuellen Missbrauch darstellen. Da sie sie selber als "sexualpädagogisch" bezeichnen, wohl eher letzteres.